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- C - Drei Kriegswinter bringen RekordkälteDie Rückkehr der kleinen EiszeitStellen
Sie sich vor, ein Meteorit träfe die Erde: Die Lufttemperatur
steigt deutlich um mehrere Grade an. Alle betroffenen Zeitgenossen
würden verlangen, sofort und umfassend über die Ursachen und
Folgen der Kollision informiert zu werden. Wenn andererseits die
Wintertemperaturen plötzlich um mehrere Grad unter den
Durchschnitt fallen, weil Krieg ist, aber keiner spricht darüber,
würden Sie dieses Desinteresse verstehen? Aber genau das
passierte 1939/40 alsin ganz Nordeuropa die durchschnittliche
Temperatur im Vergleich zu früheren Jahrzehnten um bis zu fünf
Grad fiel Bereits ein einziger kalter Winter kann als erstes Indiz dafür herhalten, dass ein Krieg zur See für das Klima ebenso schädlich ist wie eine Naturkatastrophe. Dies wurde mit dem Kriegswinter 1939/40 deutlich untermauert.Drei aufeinanderfolgende arktische Kriegswinter mit vielen spezifischen Merkmalen zwischen Krieg und Wetter können dieses Indiz zum Beweis führen. Erst recht,wnn die Summe aller drei Winter eine in dieser Form noch nie beobachtete Klima-Verschiebung ergibt.Deshalb werden die ersten drei Kriegswinter auchin diesem Kapitel als Einheit betrachtet, wobei zunächst eine Analyse jedes einzelnen dieser dreiZweite-Weltkrieg-Winter die Zusammenhänge zwischen der arktischen Kälte und dem jeweiligen Seekrieg unterstreichen soll. Schon 1943 wies der schwedische Meteorologe Gösta Lilljequist[1] darauf hin, dass drei so extrem kalte Winter in Folge in Nordeuropa in den vergangnen 250 Jahren einmalig waren[2]. Das ist logisch und leicht erklärbar. Der nordwesteuropäische Kontinent besteht je zur Hälfte aus Land und Wasser. Bedingt durch den Wind, gibt das Wasser im Winter sehr viel Wärme ab. Sobald es abgekühlt ist, legt sich der Wind weil Tiefdruckgebiete durch Hochdruckeinfluss mit trockener kalter Luft verdrängt werden. Je weniger die Oberfläche der Meere bewegt wird, desto weniger Wärme wird abgegeben, bis dieser Vorgang durch die Bildung von Oberflächeneis ganz unterbrochen wird. Mit anderen Worten, jedes kalte aber windstille Winterwetter hält gespeicherte Wärme in größeren Wassertiefen, so dass sie im darauf folgenden Winter verfügbar ist. Auf einen sehr kalten Winter folgt daher in der Regel kein zweiter Extremwinter. Ein Seekrieg unterbricht diesen natürlichen Ablauf. Schifffahrt und Kriegsparteien kümmern sich nicht um warmes oder kaltes Oberflächenwasser oder die Wasserschichtungen nach gleichen Temperaturgraden in der Tiefe der See. Das Meer wird durchpflügt, auf- und umgewühlt ohne einen Gedanken darauf zu verschwenden, dass in unserer Region das Klima von einer konstanten Wärmeabgabe aus Nord- und Ostsee abhängt. In den ersten drei Kriegswintern wurde dieses Gleichmaß erheblich gestört. Nachdem ab 1942 der Seekrieg weltweit geführt wurde, verloren die europäischen Meere ihren kriegsbedingten Spezial-Einfluss auf das Nordeuropa-Wetter. Der Seekrieg im Pazifischen und Atlantischen Ozean überdeckte die speziellen Auswirkungen auf Nord- und Ostsee und beendete -logischerweise- eine dreijährige Rekordserie winterlicher Kältetemperaturen in Nordeuropa. Genau besehen, ergab die statistische Auswertung der Wintertemperaturen von 1939-1942 nicht mehr und nicht weniger als einen klimatischen „GAU“ (Größter Anzunehmender Unfall). Für fünf von sechs Messorten gab es keine vergleichbaren Ergebnisse seit Beginn der Temperaturmessungen. Eine Ausnahme bildet Wiesbaden., wo die tiefsten Messwerte vor 100 Jahren registriert wurden. An jeweils gleichen Orten lagen die monatlichen Temperaturen bis zu zwei Grad niedriger als in der nächst kalten Drei-Jahres-Periode. Dies gilt nicht nur für die zentralen Wintermonate Januar und Februar, sondern auch, wenn der jeweils vorangehende Dezember mit einbezogen wird. Dabei kommt dem Unterschied zwischen Küsten- und Inlands-Temperaturen eine besondere Signifikanz zu, weil die Größe der Abweichung im Vergleich See/Land sehr deutlich auf den Seekriegseinfluss hinweist. Messreihen
am Meer [ Durchschnitt von sechs (Jan/Feb), bzw. neun (Dez, Jan & Feb) Monaten]
Die Zahlen zeigen die monatlichen Durchschnittstemperaturen der drei kältesten 3 jährigen Temperaturperioden seit Beginn von Aufzeichnungen. Es ist erstaunlich, dass die drei Kriegswinter 1940-1942 nicht nur alle Rekordegebrochen, sondern auch die nächst-kalte Zwei-Jahres-Periode weit übertroffen haben. Dies bezieht sich hauptsächlich auf die Monate Januar und Februar. Die Zahlen für 1940/42 klingen so phantastisch wie ein fiktiver Bericht über einen 100-Meter Sprinter, dem es gelungen sein soll, den Weltrekord um zwei volle Sekunden zu unterbieten. Darüber hinaus liegt bezeichnenderweise Oslo, das dem Atlantik am nächsten liegt, an der Spitze, vermutlich auf Grund der sehr kalten Wasserschichten unter der Oberfläche des mehr als 700 m tiefen Skagerraks. Es ist kein Zufall, dass der Januar 1941 der kälteste in der Osloer Messreihe ist. Nur ein halbes Jahr zuvor hatte Deutschland mit großem Marine-Einsatz Norwegen besetzt. Gleiches gilt für die Tatsache, dass die drei kältesten Januarmonate der Osloer Wettergeschichte in Kriegsjahren zu vermelden sind: 1941 mit minus 13, 1942 mit minus 12,1 und 1917 mit minus 11, 6 Grad Celsius[3]. Messreihen im Binnenland [ Durchschnitt von sechs (Jan/Feb), bzw. neun (Dez, Jan & Feb) Monaten]
Die Zahlen zeigen die monatlichen Durchschnittstemperaturen der drei kältesten 3 jährigen Temperaturperioden seit Beginn von Aufzeichnungen. Diese Rekord brechende Messreihe in sich ist schon ein deutlicher Hinweis auf den Zusammenhang mit dem Seekrieg. Ein Einfluss, der noch deutlicher vor dem Hintergrund wird, dass die Rekord-Minus-Werte in Küstennähe gemessen wurden, - nicht etwa im zu Normalzeiten wesentlich kälteren Inland, Sogar in Paris, das nicht so weit vom Meer entfernt ist, neigt sich der Zeiger in Richtung: Seekrieg. Die Temperaturen der Kernwinter lagen zwischen Inland und Küstennähe etwa um ein Grad C niedriger. In Wiesbaden lagen die Winter 1829-1832 in Führung, wenn auch höchst gering. Sogar in England bestätigen drei Messstationen die kriegsbedingten Messwerte für Januar/Februar 1940 bis 1942, wie Greenwich[4], Oxford[5] und Edinburgh[6]. Davon hatte Edinburgh mit 0,17 Grad die geringste negative Abweichung pro Monat, wohl bedingt durch den ganzjährigen Einfluss des Golfstromes und die Lage der Stadt in Küstennähe. Greenwich und Oxford dagegen wichen um 0,7 Grad nach unten von der nächst kalten Messreihe ab (siehe Fußnoten). Alle angeführten Minus-Temperatur Aufzeichnungen sind weit davon entfernt, auf reinem Zufall zu beruhen. In den statistisch vergleichbaren Kernwintermonaten spielt die Sonneneinstrahlung eine untergeordnete Rolle. Nord- und Ostsee können zur winterlichen Lufttemperatur nur durch gespeicherte Wärme beitragen. Wenn diese zu früh reduziert wurde, fallen die regionalen Temperaturen unter das statistische Mittel und die aufgezeichneten Werte sinken. 1000
Kriegsschiffe, die in Kampfhandlungen Tag und Nacht das
empfindliche Seegebiet durchkreuzen, haben den Effekt eines
Hurrikans, der alle Wärme aus dem Meer peitscht. Ein Hurrikan ist
nach wenigen Tagen vorüber, der Seekrieg wurde dagegen über
viele Monate hinweg geführt. [1] Liljequist, Gösta H. ; ‘The severity of the winters at Stockholm 1757 – 1942’, in: Geografiska Annaler 1-2, 1943, p. 81-104; and as an extended paper in: Meddelanden, Serien Uppsatser, Stockholm 1943, pp.1-24. [2] Diese 250 Jahre müssen vor dem Hintergrund gesehen werden, daß es davor keine Aufzeichnungen gab; es daher auch 500 Jahre oder 2000 Jahre sein können. [3]
Es ist dabei keine Überraschung, dass der drittkälteste
Januar im ersten Weltkrieg lag. Auch damals gab es in der
Nordsee schwere Kämpfe der Kriegsmarinen, die in der
Skagerrak-Schlacht ihren Höhepunkt fanden. Gegen Ende 1916
begann im Seekrieg aufgrund neu entwickelter Seeminen, von
U-Booten und Tiefseebomben (s. Kapitel über den ersten
Weltkrieg weiter unten) eine neue Phase der Zerstörung.
Insofern ist es nicht völlig aus der Luft gegriffen, eine
Verbindung zwischen dem größten Seegefecht aller Zeiten vor
Jütland am 31. Mai, 1916 und dem Kälterekord im Januar 1917
und Januar 1941 herzustellen. [4] Greenwich 1841-1960; stat. Mittel Jan./Feb. 1940-42 (+ 8,7°C), 1879/81 (+12.8°C), and 1891-93 (+19,5°C). [5] Oxford 1828-1980; statistisches Mittel Jan./Feb. 1940-42 (+ 7,6°C), 1879-81 (+11,8°C), and 1829-31 (+12,2°C). [6] Edinburgh 1764-1960; statistisches Mittel Jan./Feb. 1940-42 (+ 7,6°C), 1836-39 (+ 8,6°C), and 1774-76 (+ 10,4°C). |
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ltkugelfoto von der Nasa |